AKTUELL: PULVERFASS ARABIEN
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Das U-Boot 
im Berg

Der 11. September 
2001 lenkt den Blick 
auf eine Einrichtung, 
der angeblich auf 
dem gesamten 
Erdball nichts 
entgeht: NORAD, 
das nordamerikanische 
Luftüberwachungszentrum 
in den Bergen bei 
Colorado Springs.

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Impressum

 

 

 

 

 

 

 

 

Das war 1986, im März: Auch damals regierte schon Hosni Mubarak in Ägypten, auch damals schon war der Nahe Osten ein Pulverfass, in den arabischen Ländern gärte der Unmut der darbenden Massen. Unmittelbar nach aufstandartigen Unruhen in Kairo ("Kairo brennt!", titelte ein deutsches Boulevardblatt) sprachen eine Handvoll Erstwelt-Journalisten im Kouba-Palast des einstigen Königs Faruk darüber mit ägyptischen Regierungsvertretern. Hier die Wiedergabe der Gespräche - die dort angesprochenen Probleme gleichen erschreckend denen von heute.
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Pulverfass Arabien

"Was hier passiert, bekommt auch Ihr zu spüren"
Hosni Mubarak, März 1986

 "Wir haben verschiedene Ansichten darüber, wie Demokratie aussehen soll. Der USA-Präsident scheint nicht zu realisieren, dass es falsch ist, ein Demokratie-Modell auf alle Länder in dieser Region anzuwenden, das Folter, Besatzung, Vergewaltigung beinhaltet."
"Egyptian Gazette", Mai 2004

"Er hat einen großen Mund, aber er hat auch viel Geld. Man darf ihn nicht unterschätzen". - Osama el-Baz, Erster politischer Berater von Präsident Hosni Mubarak und bisweilen auch als "Graue Eminenz" der ägyptischen Politik bezeichnet, hebt die Augen zum Himmel, wenn er über Libyens Alleinherrscher Muammar el-Gaddafi spricht. Das großtönende Verhalten des "charmanten Nachbarn" macht den Regierenden in Kairo sichtlich Kummer, auch wenn Außenminister Esmat Abdel Meguid ironisiert, man könne ja die gesamte libysche Bevölkerung in ein einziges Viertel der 14-Millionen-Stadt Kairo packen, ohne daß es irgendjemand merken würde. Die Beziehungen zu dem unsicheren Kantonisten im Westen sind längst eingefroren: "Es ist ein anderes Land, wir haben keinen Kontakt mit ihm", sagt Präsident Hosni Mubarak.

Dennoch: Gaddafis abstruse Politik und ihre Folgen haben Auswirkungen, die man auch in Kairo spürt. Die Unruhe, die der Libyer mit seinen terroristischen Sympathien über den arabischen Raum hinausträgt, hat mindestens dIe Amerikaner verschreckt. Und so gähnen denn auch im ITT-konzerneigenen Sheraton Towers Hotel auf der Kairoer Nil-Insel Gezirah die sonst von betuchten US-Touristen gut gefüllten 28 Luxusstockwerke schon seit der Achille-Lauro-Entführung in erschreckender Leere.

 
Esmat Abdel Meguid
Foto: Gollnik

Die diplomatischen Aktivitäten Ägyptens im Mittleren Osten stachelt solcherart Isolierung eher an. "Frieden", "Stabilität in der gesamten Region" und "Entwicklung" nennt Außenminister Esmat Abdel Meguid als die Zielpunkte der ägyptischen Politik, während sich im Kairoer Kouba-Palast, in dem schon der letzte ägyptische König Faruk residierte, Staatsmänner aus aller Welt die Klinke in die Hand geben: Gerade hatte Chinas Ministerpräsident Li Xianning dort einen Vertrag über den Bau eines Kongreßzentrums in Kairo für 97 Millionen Dollar unterzeichnet, als auch schon Jordaniens König Hussein eintrifft, frisch zerstritten mit PLO-Chef Yassir Arafat, der wiederum unmittelbar nach Husseins Abreise Mubarak die Aufwartung macht. "Wir geben unser Bestes, damit die Kluft enger, der Weg zum Frieden nicht verschüttet wird", so Mubarak Minuten vor dem Eintreffen Arafats. "Seit 1948 sagen die Araber bei jeder Lösung Nein - wir haben immer Nein gesagt, bis die Westbanks und Gaza besetzt wurden - jetzt müssen wir realistisch denken". Das ist der Realist Mubarak, der Vermittler, der auf den Vertrag von Camp David pocht, der die PLO zum Einlenken bringen will: "Wenn die Palästinenser weiter den Vertrag von Camp David ablehnen, werden sie für immer ohne eigenen Staat bleiben."
 
Hosni Mubarak
Foto: Gollnik

Und die Israelis? "Die Kluft enger machen" - das gilt auch für den Nachbarn im Osten, obwohl dem ersehnten Gipfeltreffen mit Israels Regierungschef Shimon Peres nach Ansicht Mubaraks noch viel entgegensteht. Eines der Hindernisse ist das von Israel besetzte Taba am Roten Meer, das Ägypten zurückhaben möchte. Die "Graue Eminenz" Osama el-Baz gibt sich da zuversichtlicher: "Wohl schon in diesem Sommer" werde der Gipfel mit Peres stattfinden, sagt er nach einigem Nachdenken.


Und immer wieder bricht in den Gesprächen auch dieses durch: Die
Mittelost-Mittlermacht Ägypten ruft
nach Europa. "Ich habe schon vor dem Parlament in Straßburg gesagt, daß die Europäer das meiste Verständnis für diese Zone aufbringen können", appelliert der ägyptische Präsident an die Politiker in den EG-Staaten. Gerade die Europäer seien mit am stärksten von den Schwierigkeiten im arabischen Raum betroffen. Mubarak: "Was hier passiert, bekommt auch ihr zu spüren - so oder so".


Amerika ist nicht gefragt bei den politischen Wünschen aus Kairo. Die Vorgänge um die Entführung der "Achille Lauro" sind da zum Trauma geworden. Am drastischen Touristenrückgang sei nur "die Entführung des ägyptischen Flugzeuges (mit den Entführern der Achille Lauro) durch Amerika" schuld. Zweimal wiederholt Mubarak diesen Satz, damit es auch jeder richtig versteht, wie man in Kairo über die damalige Aktion denkt. Antiamerikanismus? - Nein, das nun auch wieder nicht. An ein Zurück aus der Annäherung an das westliche Lager ist nicht. zu denken: "Was machen wir denn, wenn die Amerikaner ihre Getreideschiffe nur mal um vier Wochen verzögern?" Und: "In welches Lager der Araber könnten wir denn überhaupt zurück?"
 
Drehpunkt diplomatischer Aktivitäten in Nahost: Einfahrt zum Kairoer Kouba-Palast.
Foto: Gollnik


Die "Gruppe Ägyptische Revolution", deren Mitglieder ausgerechnet während des Besuchs von Israels Touristenminister Abraham Scharir mitten in Kairo eine israelische Handelsdelegation überfiel und eine Israelin erschoß, mag das anders sehen. Auch in den Moscheen werden vermehrt deutliche Worte gegen die vermeintlich unarabische Linie der Regierung laut. Hosni Mubarak wischt das beiseite: ,.Nähmen wir das ernst, würden wir solche Leute nur aufwerten". Der Präsident und seine Berater-Riege setzen vielmehr auf soziale Befriedung im eigenen Lande. Zu kraß sei die soziale Ungleichheit deutlich geworden. Und: "Schon in den nächsten Tagen werden wir Maßnahmen dagegen ergreifen". Wie die nur aussehen können. weiß er auch: "Die meisten Lasten werden die Reichen tragen müssen - im Interesse der Nichtreichen".


Auch sonst hat sich Mubarak im inneren Bereich viel vorgenommen: "Als ich die Macht übernahm, hatte ich Probleme, die auf die letzten 50 bis 100 Jahre zurückgingen." Als Beispiel nennt er die Kanalisation von Kairo, seit 1916 nicht mehr repariert, ausgelegt für knapp über zwei Millionen Einwohner bei einer heutigen Einwohnerzahl von geschätzten 14 Millionen. "In fünf Jahren müssen wir jetzt ausgeben, was in 50 Jahren hätte ausgegeben werden müssen". In Kairo werden zur Zeit die Einwohner ganzer Stadtviertel zwecks Sanierung umquartiert, Stromversorgung. Straßenbau, Schulen. Förderung der Fabrikbauten, die Landwirtschaft - Mubaraks Auflistung scheint kein Ende zu nehmen. Im Ausland steht das Land bereits mit 25 Milliarden Dollar in der Kreide. Mubarak gibt sich dennoch optimistisch, die Hürden nehmen zu können, Ägypten weiter hin als stabilen Drehpunkt im Mittleren Osten halten zu können: Mittler zwischen den Linien. Hilfe ist dabei erwünscht. Auch Bonns Wirtschaftsminister Bangemann wird in den nächsten Tagen in Kairo begrüßt werden mit einem kräftigen "Ahlan wasalan - seid willkommen, es nützt uns allen".


PETER J. GOLLNIK (01.04.1986)


Als die Hotels brannten

"Ich war überhaupt nicht überrascht." - Mit einem leichten Achselzucken beschreibt Ägyptens Präsident Hosni Mubarak so seine erste Reaktion auf die Nachrichten von den meuternden Polizeitruppen im Kairoer Vorort Gizeh und später auch in anderen Lagern des Landes, "schließlich war da einiges faul im Polizeicamp", gesteht er ein.

Wohl wahr. Ein Monatssold von knapp über sechs ägyptischen Pfund (umgerechnet rund 12 Mark) und das (ierüchl über eine Verliingerung der so besoldelen Dienstzeit von drei auf vier Jahren, kärgliche Verpflegung mit immer wieder Fladenbrot und Bohnen, jeder Beschreibung spottende Zellenunterkünfte auf nacktem Wüstenboden - und vor allem (in Gizeh) die direkte Aussicht auf zwei nur wenige Meter entfernte Hotels, in denen Touristen und Ägypter einträchtig oft "in einer halben Stunde den Gegenwert von acht Monaten Polizei-Sold in Form einer Flasche Whiskey" am Swimmingpool durchbrachten (so ein Fremdenführer): Das mußte irgendwann den Zündfunken zur Explosion liefern. Die Hotels "Jolieville", "Holiday Pyramide" und "Holiday Sphinx" blieben ausgebrannt auf der Strecke, Mitläufer der wütenden Polizeihundertschaften machten bei der Gelegenheit auch gleich noch ein paar unbeliebten Nachtlokalen an der Pyramidenstraße den Garaus.

Ausländischen Einfluß oder Aktivitäten radikaler Schiiten schließen Mubarak und seine Berater aus. Der für die nächsten Tage angekündigte Untersuchungsbericht dürfte denn auch nichts Erhellenderes mehr bringen. "Wir haben allerdings Fehler gemacht", üben sich jetzt selbst hohe Regierungsmitglieder in Selbstkritik.
 
 Strassenverkäufer in Kairo: Fladenbrot ist neben Bohnen für viele einziges erschwingliches Grundnahrungsmittel. Foto: Gollnik

Diesen Fehlern rückt Agyptens Regierung jetzt mit Macht zu Leibe. Mehr Sozialunterstützung für die Armen, höhere Steuern für die Reichen, heißt die Devise. Denn gerade in den klaffenden Unterschieden zwischen Arm und Reich, in der zunehmenden Armut, sieht die Regierung in Kairo eine Bombe mit Zeitzünder. Alle neun Monate wächst Agyptens Bevölkerung um eine Million Einwohner, nicht jeder findet da Arbeitsplatz und Wohnung. Allein auf dem Kairoer Friedhof vegetieren 30.000 Menschen, auf den Dächern der zerbröckelnden Altstadt-Häuser türmen sich Behelfswohnungen aus Lehmziegeln.

Für die Polizeitruppen verfügte Mubarak bereits eine Solderhöhung. auch die Verlängerung ihres Pflichtdienstes ist vom Tisch. In der vergangenen Woche bekamen die vorübergehend entwaffneten Posten vor der Deutschen Botschaft und vor der Kairoer Lufthansa-Residenz ihre Gewehre wieder. Und das Camp in Gizeh, von dem die Unruhen ausgingen,. ist geräumt - angeblich soll hier die erste Jugendherberge Kairos entstehen.

PETER J. GOLLNIK (01.04.1986)

Atom-Alarm im Meer
Die Ozeane als
Schrotthalde -
mit Fakten zum
Fall "Kursk" u.a.
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EU-Meer Ostsee
Die Langsamkeit der Politik bei der Entwicklung der neuen Region. -----_____----mehr-----

Wer Amerika entdeckte
Die Expedition
der 3 Karavellen,
die 19 Jahre vor
Kolumbus vor
Labrador landete.
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